03.03.2025, 19:13
(02.03.2025, 22:37)Reichtathletik schrieb: Ich will solches relativieren nach dem Motto "was der eine okay empfindet, stört den anderen" gerne mit Nachdruck zurückweisen. Es ist genauso wie im sexuellen/persönlichen Bereich: nein heißt nein (oder noch besser: nur ja heißt ja).
Wenn etwas von einem Athleten als psychische oder gar sexuelle Gewalt empfunden wird, dann ist das nicht okay - egal ob jemand anderes das okay findet. Und Menschen haben auch das Recht etwas, dass sie mal okay empfanden später nicht mehr als okay zu empfinden ohne einen Grund nennen zu müssen (sowas kann zb sein, da man nun einen Partner hat).
Ein praktisches Beispiel: Körperkontakt. Da fragt man als Trainer jedes Mal(!) ob es okay ist für eine Hilfestellung oder so. Und das kann man in einer respektvollen und niedrigschwelligen Art tun, in der ein nein keine Nachfragen erzeugt, keinen Mut verlangt und nicht vor einer Gruppe schräg wirkt. Das kann 26 Tage im Monat immer okay sein und einmal nicht, weil die Athletin es nicht will wenn sie ihre Tage hat. Oder der Athlet, weil er halt einen einen scheiß Tag hatte. Und dann ist das so und zu respektieren.
Es gibt aber auch Trainer, die behaupten, man könnte die Person dann nicht trainieren, sie solle sich nicht anstellen und es fehle ihr an Professionalität...
Von sowas reden wir (auch). Und leider auch Dinge, die niemand relativieren kann.
Es geht mir in keinster Weise darum zu relativieren, sondern darum darauf hinzuweisen, dass solche Statistiken immer unter den Rahmenbedingungen betrachtet werden unter denen sie erstellt wurden.
Um eine Statistik Inhaltlich zu verstehen und Missstände abschaffen zu können muss man sie in ihrer Gänze verstehen und nicht nur teilweise. Eine Statistik ist ein schönes Mittel zum Zweck, kann aber bestenfalls an der Oberfläche kratzen, weil sie eben auf subjektivem Befinden beruhen.
Was ist Gewalt? Wir haben z.B. psychologische Definitionen von Gewalt und juristische. Der Maßstab gegenüber Kindern und Jugendlichen ist (verständlicherweise) ein anderer als gegenüber Erwachsenen. Kampfsportler haben ein anderes Verständnis von Gewalt innerhalb ihrer Sportart als Tänzer, Leichtathleten ein anderes als Fußballer, Männer ein anderes als Frauen.
Für Sportler X ist Methodik A normal, für Sportler B demütigend. Gleicher Sachverhalt, anderer statistischer Wert.
Mir ist auch klar, dass wir als Außenstehende keinerlei Anspruch darauf haben, dass die Hintergründe der Erhebung veröffentlicht wird, geschweige denn diskutiert wird.
Das Wichtigste ist meiner Meinung nach, dass innerhalb der Gruppe, die miteinander arbeitet, man absolut auf Augenhöhe miteinander arbeitet, sich gegenseitig respektiert und solche Themen professionell und seriös behandelt.
Trotzdem bleibt es schwierig, wenn die handelnden Personen auf unterschiedlichen Ebenen agieren bzw. unterschiedliche Auffassungen haben.
Beispiel: Sportkleidung Vorgaben Frauen (z.B. Volleyball): selbst dort gibt es Frauen, die sagen, dass es nicht schlimm sei, wenn die Kleidung so knapp sei und lockerer Vorgaben für den jeweiligen Sport nachteilig sein könnten.
(Ich persönlich finde die Kleidungsvorgaben sexistisch und würde sie sofort abschaffen, respektiere aber, dass es Frauen gibt, die das anders sehen.)
Beispiel Schulsport: Ich kenne einige Eltern, die sagen, dass dieser verboten gehört, weil die unsportlichen Kinder gedemütigt werden. Fragt man diese Eltern, ob das auch für Musik gilt, wird das verneint. Sollten Kinder vom Schulsport / Musikunterricht befreit werden oder dieser abgeschafft werden, weil sich Kinder gedemütigt fühlen, wenn sie dabei "versagen"? Oder sollten wir fordern, dass diese Kinder sich gefälligst nicht so anstellen und sich anstrengen sollen? Oder wie wäre es mit einem Mittelweg?
Ich mag mich täuschen aber ich glaube viele Menschen sind mit der kompletten Thematik (Sexismus, Übergriffigkeit etc.) überfordert.
Mir geht es zumindest so, dass ich teilweise, trotz Schulungen, gar nicht mehr weiß, welches Verhalten, welche Methodik noch in Ordnung ist und was nicht. Wenn man selbst innerhalb einer Gruppe sich einig ist und sich nicht sicher sein kann, dass man von außen angeprangert wird...
Gleichzeitig müssen die Leute, die Ihre Machtposition bewußt ausnutzen, sanktioniert und diejenigen, die es unbewußt tun geschult und sensibilisiert werden, den Sportlern die Möglichkeit gegeben werden ihre Themen vertrauensvoll anbringen zu können ohne Angst haben zu müssen, dass es ihnen Nachteile bringt. Gleichzeitig muss man aber auch so fair sein und sagen können, dass im Leistungssport ggf. andere Maßstäbe gelten müssen, als im Freizeitsport oder anderen Bereichen der Gesellschaft. Wichtig ist imho auch, dass die Rahmenbedingungen von vornherein bekannt sind und so jeder die Möglichkeit hat diese zu prüfen und Einwände einbringen zu können.
Nochmal klarzustellen... Missbrauch, Mobbing, Gewalt, Demütigung gehören für mich nicht zum Sport (und auch sonst nirgends hin)! Wichtig ist vor allem Kommunikation und die Agierenden auf Augenhöhe zu bekommen.