19.08.2025, 09:05
(18.08.2025, 23:38)S_J schrieb: Meines Erachtens nach ist der Punkt Fahrtzeiten wirklich der entscheidende. [...]
Wenn ich in Deutschland in einer typischen Unistadt unterwegs bin und nicht gerade Sport studiere, wird es schwierig sein, mit weniger als 1h Fahrtzeit pro Trainingseinheit zu rechnen.
Eine durchaus schlüssige Talentdefintion lautet ja schon lange: "Talent ist, wenn die Eltern fahren"
Volle Zustimmung: Fahrzeiten sind doof und möglichst weit zu minimieren. Wie Du aber eine typische Unistadt definierst, ist mir etwas schleierhaft? Um in Münster, Freiburg, Heidelberg eine Stunde zu brauchen, musst Du schon sehr doof wohnen. In Hamburg sind Halle, Stadion und die meisten Unigebäude innerhalb von 30 Minuten erreichbar.
Bei uns z.B. muss keine Studentin mehr als 15 Minuten Fahrradweg zwischen Uni, Wohnung, Stadion, Kraftraum und Bahnhof haben. Alle Kaderathlet:innen haben durch eigene Transponder 24/7 Zugang zum Stadion und zum Kraftraum, sehr gute Laufwege an diversen Gewässern, vernünftige bergaufwege, komfortablen Zugang zu Physiotherapie. Nur zur Halle nach Malente oder Hamburg brauchen wir die Stunde Fahrzeit, weil uns die fehlt. Es gibt kompetente Trainer mit nationalen Erfolgen in Wurf, Sprung, Sprint und Mehrkampf. Die sportinterressierte Schule bietet Kraftraum, Tagesinternat, eine sehr gute Mensa, Freistellungen, individuelle Begleitung, Frühtraining, Training in Freistunden und nach individuellen Bedürfnissen am frühen Nachmittag. 6-10 Trainingseinheiten sind für Schüler:innen und Student:innen sehr gut machbar. Die Schule bekommt dafür ungefähr ein Promill der Ressourcen einer Eliteschule und wir begleiteten diverse Medaillengewinner:innen bei deutschen Meisterschaften gesund zu fast immer sehr guten Abituren. All das (und für 20 Topathletinnen monatliche Stipendien) unterstützen starke Stiftungen und großes ehrenamtliches Engagement. In Rostock sieht es ähnlich aus, nur dass noch eine sehr pragmatisch-gute Halle dazukommt. Flensburg ist ähnlich aufgestellt, Kiel mit Abstrichen.
Öffentlich, durch die Verbände und hier im Forum wird aber immer wieder der Eindruck erweckt, der einzig wahre Weg nach oben liege weit weg von zu Hause (gern auch in einer vielleicht gerade werdenden Autokratie), am OSP und Bundestützpunkten, bei Hauptamtlern, usw. Mit dem Elternthema hat das insofern direkt zu tun, als Eltern ja immer das beste für ihr Kind wollen und durch die Dominanz des gefährlich falschen Narrativs den Eindruck haben müssen, der penetrant nach vorn gestellte Weg der Zentralisierung sei genau das. Wenn ich dem gelegentlich widerspreche, dann nicht, weil ich den Kolleg:innen im System irgendwas Schlechte unterstelle, sondern weil es genug nervt, beständig ignoriert zu werden, aktiv kleingehalten ist noch blöder.
Ständiges Wiegen macht die Sau nicht fetter.

