23.02.2016, 17:17
Hallo Leute!
Ich habe Eure Diskussion interessiert gelesen und würde gerne eine Sichtweise darlegen, die nicht unbedingt von einem Leichtathleten kommt und die ein wenig über den Tellerrand blickt:
Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass nicht jede Innovation sinnvoll ist, sinnvolle Innovationen aber unbedingt getätigt werden sollen. Die Entwicklung einzelne Bewerbe aus dem Stadion raus zu den Zusehern zu bringen, halte ich für absolut sinnvoll und richtig. Viele Sportarten machen das schon lange vor und es funktioniert ja auch: Man erreicht damit ein Publikum, welches man sonst nicht erreichen würde und der eine oder andere geht danach dann wirklich mal in ein Stadion und schaut sich die "große" Leichtathletik an. Werbetechnisch absolut in Ordnung.
Die konkrete Geschichte mit dem Ausscheidungsmodus halte ich NICHT für sinnvoll, weil sie das Grundproblem der technischen Disziplinen nicht löst: Der letzte Versuch ist möglicherweise nicht der entscheidende. Dies ist sowohl für's Publikum als auch für's Fernsehen schlecht, da Du nie weißt, ob das jetzt gerade der entscheidende Sprung war oder nicht. Ganz im Gegenteil: Es kann Dir passieren, dass Du sicher weißt, dass der letzte Sprung nichts mehr entscheidet, wenn der momentan 2. (also der Vorletzte) nicht die Führung übernimmt.
Andere Sportarten wie zB. Snowboard haben das wunderschön und elegant gelöst: Die lassen im letzten Versuch den bis dato führenden zuerst springen und dann das restliche Feld in aufsteigender Reihenfolge. Dies führt dazu, dass der letzte Versuch des Bewerb auf jeden Fall der entscheidende ist.
Das wäre eine Mini-Änderung, aber mit riesigem Effekt - bis dato ist das unmöglich. Und jedesmal kommt das Argument, dass die Leistung dann nicht gültig wäre und nicht Bestenlisten und Rekordfähig, weil - nicht den Regeln entsprechend. Daher geht's nicht :-(
Dies ist sicher nur ein Beispiel von vielen, demonstriert haber relativ gut die Blockadehaltung der Leichtathletik gegenüber Innovationen bzw. der Anpassung an geänderte Zuschauerverhalten und geänderten Ansprüchen.
Und ich denke, dass die Leichathletik ohne diese Anpassung und Weiterentwicklung keine großen Sprünge mehr machen wird. Man ist schon heute gegen viele Sportarten (und da sind komplette Randsportarten dabei) nicht mehr konkurrenzfähig oder warum glaubt ihr, dass dieses Wochenende die Deutsche Meisterschaft live auf Eurosport übertragen wird? Antwort: Weil dieses Wochenende kein Biathlon-Weltcup ist und Eurosport daher die Sendezeiten frei hat. Da sprechen wir aber von einer Sportart, die genau in 7 Nationen interessiert und gegen die die LA trotzdem überhaupt kein Leiberl hat. Wenn an diesem Wochenende Biathlon-Weltcup gewesen wäre, würde es auch keine DM im Fernsehen geben.
Biathlon ist deshalb so ein gutes Beispiel, weil Biathlon eine interessante Geschichte hat: Vor 20 Jahren war Biathlon komplett am Ende. Die Sportart war kompliziert und unübersichtlich (seht ihr die Parallelen!) und hat weder Zuschauer noch Fernsehstationen interessiert. Und in dieser Situation hat die IBU etwas gemacht, was vorher und nachher kein Verband mehr gemacht hat: Sie gingen zum Fernsehen und haben folgendes (sinngemäß) gesagt: "Wir machen alles was ihr wollt, aber bitte haut uns nicht raus und helft uns die Zuschauer wieder zurück zu holen!". Dann hat das Fernsehen ihnen gesagt, was sie machen sollen und der Verband hat das dann auch gemacht, trotz größter Widerstände - keine Alibi Regeländerungen oder so, die haben die komplette Sportart umgekrempelt, das Reglement auf 30% (!!) gekürzt. Zur Verdeutlichung nochmal: Nicht UM 30%, sondern auf 30% des Umfangs gekürzt. Teilweise komplette Disziplinen ersatzlos gestrichen, und, und, und....
20 Jahre später gilt Biathlon als DIE TV-Sportart schlechthin, hat Mediadaten, die sich andere Sportarten (inkl. LA) wünschen würden und kann sich vor Sponsoren kaum erwehren. Und das noch dazu in einem Umfeld, wo die Konkurrenz Wintersport enorm ist.
Innovation und Weiterentwicklung macht also schon Sinn irgendwie. Und wenn viele das Fernsehen verteufeln, dann muss ich halt auch sagen, dass es ohne TV bzw. einen ordentlichen TV-Produkt nicht geht. Denkt drüber nach!
Lg,
Peter
Ich habe Eure Diskussion interessiert gelesen und würde gerne eine Sichtweise darlegen, die nicht unbedingt von einem Leichtathleten kommt und die ein wenig über den Tellerrand blickt:
Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass nicht jede Innovation sinnvoll ist, sinnvolle Innovationen aber unbedingt getätigt werden sollen. Die Entwicklung einzelne Bewerbe aus dem Stadion raus zu den Zusehern zu bringen, halte ich für absolut sinnvoll und richtig. Viele Sportarten machen das schon lange vor und es funktioniert ja auch: Man erreicht damit ein Publikum, welches man sonst nicht erreichen würde und der eine oder andere geht danach dann wirklich mal in ein Stadion und schaut sich die "große" Leichtathletik an. Werbetechnisch absolut in Ordnung.
Die konkrete Geschichte mit dem Ausscheidungsmodus halte ich NICHT für sinnvoll, weil sie das Grundproblem der technischen Disziplinen nicht löst: Der letzte Versuch ist möglicherweise nicht der entscheidende. Dies ist sowohl für's Publikum als auch für's Fernsehen schlecht, da Du nie weißt, ob das jetzt gerade der entscheidende Sprung war oder nicht. Ganz im Gegenteil: Es kann Dir passieren, dass Du sicher weißt, dass der letzte Sprung nichts mehr entscheidet, wenn der momentan 2. (also der Vorletzte) nicht die Führung übernimmt.
Andere Sportarten wie zB. Snowboard haben das wunderschön und elegant gelöst: Die lassen im letzten Versuch den bis dato führenden zuerst springen und dann das restliche Feld in aufsteigender Reihenfolge. Dies führt dazu, dass der letzte Versuch des Bewerb auf jeden Fall der entscheidende ist.
Das wäre eine Mini-Änderung, aber mit riesigem Effekt - bis dato ist das unmöglich. Und jedesmal kommt das Argument, dass die Leistung dann nicht gültig wäre und nicht Bestenlisten und Rekordfähig, weil - nicht den Regeln entsprechend. Daher geht's nicht :-(
Dies ist sicher nur ein Beispiel von vielen, demonstriert haber relativ gut die Blockadehaltung der Leichtathletik gegenüber Innovationen bzw. der Anpassung an geänderte Zuschauerverhalten und geänderten Ansprüchen.
Und ich denke, dass die Leichathletik ohne diese Anpassung und Weiterentwicklung keine großen Sprünge mehr machen wird. Man ist schon heute gegen viele Sportarten (und da sind komplette Randsportarten dabei) nicht mehr konkurrenzfähig oder warum glaubt ihr, dass dieses Wochenende die Deutsche Meisterschaft live auf Eurosport übertragen wird? Antwort: Weil dieses Wochenende kein Biathlon-Weltcup ist und Eurosport daher die Sendezeiten frei hat. Da sprechen wir aber von einer Sportart, die genau in 7 Nationen interessiert und gegen die die LA trotzdem überhaupt kein Leiberl hat. Wenn an diesem Wochenende Biathlon-Weltcup gewesen wäre, würde es auch keine DM im Fernsehen geben.
Biathlon ist deshalb so ein gutes Beispiel, weil Biathlon eine interessante Geschichte hat: Vor 20 Jahren war Biathlon komplett am Ende. Die Sportart war kompliziert und unübersichtlich (seht ihr die Parallelen!) und hat weder Zuschauer noch Fernsehstationen interessiert. Und in dieser Situation hat die IBU etwas gemacht, was vorher und nachher kein Verband mehr gemacht hat: Sie gingen zum Fernsehen und haben folgendes (sinngemäß) gesagt: "Wir machen alles was ihr wollt, aber bitte haut uns nicht raus und helft uns die Zuschauer wieder zurück zu holen!". Dann hat das Fernsehen ihnen gesagt, was sie machen sollen und der Verband hat das dann auch gemacht, trotz größter Widerstände - keine Alibi Regeländerungen oder so, die haben die komplette Sportart umgekrempelt, das Reglement auf 30% (!!) gekürzt. Zur Verdeutlichung nochmal: Nicht UM 30%, sondern auf 30% des Umfangs gekürzt. Teilweise komplette Disziplinen ersatzlos gestrichen, und, und, und....
20 Jahre später gilt Biathlon als DIE TV-Sportart schlechthin, hat Mediadaten, die sich andere Sportarten (inkl. LA) wünschen würden und kann sich vor Sponsoren kaum erwehren. Und das noch dazu in einem Umfeld, wo die Konkurrenz Wintersport enorm ist.
Innovation und Weiterentwicklung macht also schon Sinn irgendwie. Und wenn viele das Fernsehen verteufeln, dann muss ich halt auch sagen, dass es ohne TV bzw. einen ordentlichen TV-Produkt nicht geht. Denkt drüber nach!
Lg,
Peter