(19.09.2016, 10:08)lor-olli schrieb: Leichtathletik als “Team“ definiert hat für mich mehrere Ursachen:
- die “olympische Kernsportart“ muss sich zunehmender Konkurrenz stellen, da steht ein Einzelner nicht so gut da
- Leichtathletik im Spitzenbereich kann kaum noch von Einzelakteuren geleistet werden (Argumente siehe weiter oben)
- “Das Team“ befriedigt auch die Egoismen und Sicherung der Nicht-Aktiven! (Funktionäre, Marketingspezialisten, Lobbyarbeitern! gerade an letzteren gibt es in der LA zuwenig und im Fußball zu viele…)
- Als Team kann man mit Leichtathletik-Leistung und dem Verteilen auf mehrere Schultern einen größeren Zeitraum überbrücken, die Saison eines einzelnen Athleten kann doch, z.B. durch Verletzung recht kurz sein oder ganz ausfallen > und fällt damit “die Leichtathletik“ aus?
- Wir dürfen auch gern über den Tellerand hinaus schauen und erkennen, dass z.B. Forschung heute in vielen Bereichen ebenfalls reine Teamarbeit geworden ist > am CERN etwa kann niemand mehr ohne Team forschen, finden, erfinden, veröffentlichen… (gilt für zunehmend mehr Lebens- und Wissenschaftsbereiche)
Den Gedanken an das Individuum im Sport hat es immer gegeben und wird es immer geben - schließlich braucht man Stars - aber die Bedeutung des Individuums als einzig treibende Kraft für den Erfolg schwindet, unser Gesamtwissen verdoppelt sich mit zunehmender Geschwindigkeit, mittlerweile in deutlich weniger als einem Leben, ja sogar in weniger als einem Arbeitsleben.
Ob man es gut findet oder nicht…
Ich antworte mal nur auf den Begriff Team. Wie ihr wisst, habe ich immer in Teams vor Ort und in Vernetzungen gearbeitet. Insofern liegen wir sicherlich auf einer Linie. Ich lasse mir aber von oben kein Team aufsetzen, dass ich individuell für den Athleten besser zusammenstellen kann. Ich bin nicht gegen gute Abteilungen des Verbandes. Aus Zeit- und Logistikgründen wehre ich mich aber gegen diese DLV-Gesamt-Teams, wenn ich sie nicht für so leistungsstark halte. Schlagkräftig ist man nur, wenn man gezielte Teams rekrutiert. Selbstverständlich nehme ich nicht für mich in Anspruch, alles alleine bewältigen zu können. Ich war und bin immer sehr gut vernetzt. Ich trenne mich relativ schnell von Leuten, die nur profitieren wollen und selbst nichts beitragen.
Der DLV hat die Aufgabe von Serviceleistungen, die ich selbstverständlich auch in Anspruch genommen habe. Ich habe aber auf bestimmte Dinge verzichtet, weil ich meiner Meinung nach mehr Leistung generieren konnte und ich auf Doppelversorgungen bei hervorragender Versorgung der Athletinnen vor Ort keinen Handlungsbedarf gesehen habe. Meine Zeit als Mensch und Trainerin ist auch begrenzt, so dass ich nicht auf allen Hochzeiten tanzen konnte und kann. Glauben Sie mir, dass es im DLV nur eine sehr begrenzte Auswahl an Trainern gibt, mit denen ich auf gesundheitlichem Gebiet kooperieren möchte! Ich habe mir zur Kooperation hervorragende Leute ausgesucht.
Die letzte Passage finde ich sehr interessant. Ja, das Gesamtwissen enwickelt sich galoppierend. Ich profitiere davon, dass sich andere in Teilgebieten besser als ich auskennen. Ich bin aber bereit, eine Menge an Arbeit zu investieren, um diese Querverbindungen für mein Wissen zu nutzen. Ich habe z. B. in den letzten Wochen zwei Studien im Kraftbereich gelesen, die völlig Gegensätzliches aussagen. Es liegt dann an mir, die Dinge einordnen zu können bzw. die Fehler in den Systemen zu erkennen. Das ist Kleinarbeit höchsten Ausmaßes und damit auch Akribie in der Anwendung. Wir unterliegen viel zu sehr dem Fehler, vieles nur zu übernehmen und zu wenig auf die "Goldwaage" zu legen. Manchmal nehme ich solche Gedanken ins Bett mit und lasse das Gehirn in der Nacht arbeiten und sehe dann vieles am nächsten Tag klar. Wir gehen in der Verletzungsprophylaxe nur peripher ans Eingemachte; aber die wahren Zubringer bleiben uns noch versagt. Ich teile diese Gedanken nur mit sehr wenigen. Wenn ich solche Gedanken z. B. in Fortbildungen nur in den Ansätzen äußere, empfindet man das schon als "nicht teamfähig". Was man nicht versteht, lehnt man ab! Mir entsteht kein Schaden; ich "buddele" weiter!

Gertrud