(24.09.2025, 14:52)Zehnkampf-Fan schrieb: Leo sagte im Sportstudio (nach Paris?): "Ich mache alles nur mit Kraft" (und muss an der Technik noch arbeiten).
@Gertrud: Kann es sein, dass Du - mit scharfem Blick für Rekordpotential - relativ hart mit Leo ins Gericht gehst? Die Sprinttechnik ist doch ok, oder?! Was müssten denn sonst die Kauls sich über Niklas' 100m anhören?
Das waren meine Worte ein paar Mitteilungen hier vorweg: "Es ist doch offensichtlich, dass er kraftmäßig stark ist, aber bewegungsmäßig noch zulegen sollte. Es ist wahrscheinlich in jungen Jahren verpasst worden, Dinge parallel zu entwickeln, nehme ich an."
Es ist doch in Ordnung, dass viele Trainerköpfe unterschiedliche Wege in ihrer Trainingsphilosophie gehen. Ich bin nicht die einzige Person, die in der Hinsicht den Kopf zum Denken hat.

Ich gehe nicht hart ins Gericht mit ihm. Das ist meine Philosophie, AuA nicht verletzungsträchtig durchzubringen. Ich halte den Weg erst über die Kraft, dann Bewegungen zu optieren, für falsch. Nur liegen sicherlich viele Fehler in der Karriere von Leo zu einem früheren Zeitpunkt.
Leo hat recht, dass er vielfach über die Kraft geht - ich vervollständige mal: über die rohe Kraft bei komplexen Übungen aus dem Gewichtheberlager. Er sammelt damit Kraft an, wo er sie nicht benötigt. Dann kann er es auch nicht in den Disziplinen gut abrufen. Man kann das etwas durch Übung in den Disziplinen kompensieren; aber seine Strukturen sind nicht komplett - wohlgemerkt aus meiner ganz filigranen Sicht - nicht auf nahe Disziplinbewegungen ausgerichtet. So habe ich in etlichen Dekaden vorweg auch noch gedacht, bevor ich eine Disruption vorgenommen habe.
Ich bin hinsichtlich Kraft-, Techniktraining, Einsatz von speziellen Mitteln ganz anders aufgestellt. Ich bin von meinem Weg sehr überzeugt. Oft zeigen sich die Defizite auch sehr viel später: siehe Mihambo mit ihrer Hamstringverletzung.
Ich gebe präzise Übungshinweise hier sicherlich nicht mehr, weil man dann die Mentalität des nur Abkupferns nicht ad acta legt. Man muss lernen, Zusammenhänge zu verstehen. Wenn man immer bei den Übungen wichtige Strukturen ignoriert, kann man Verletzungen zunächst weitgehend durch eine gute Strukturbehandlung in der Physiotherapie ausgleichen. Irgendwann verfehlen auch diese Mittel.
Leo sprintet sicherlich technisch sehr gut bis auf eine strukturelle Dysbalance. Er wird auch im Weitsprung bei 10,5 z.B. eine 8,20m bis 8,30m springen können, wenn er den Anlaufrhythmus in den Griff bekommt.
Ich empfinde die Eltern von Niklas Kaul an sich als sehr freundliche Menschen, mit denen ich sicherlich gut diskutieren könnte. Emma hat diese Sprintschwäche nicht. Daher frage ich mich, woher diese Schwäche bei Niklas kommt oder wo sie begründet liegt. - Ich habe in meiner LA-AG einen kleinen Jungen neu, der alle anderen bei Starts aus allen Lagen in der kleinen Halle auf Anhieb um Längen geschlagen hat. Ich habe eine derartige Begabung noch nie in meiner Praxis erlebt. Solche Reflexe sind angeboren. Es wäre von mir völlig deplatziert, diese Reflexe durch unangemessene Kraftübungen zuzukleistern. Gina Lückenkemper mit diesem Turbo am Start wäre unschlagbar!!!


Die Abwägung im Trainingsprocedere ist aus meiner Einstellung heraus eine unglaublich wichtige Komponente. Ich meckere nicht, ich argumentiere. Wenn die Leistungspyramide zur Spitze geht, bleiben strukturelle Fehler nur noch selten "unbestraft"!!! Der konsequente Weg kostet oft harte Kämpfe zwischen TuT und den AuA, der sich aber lohnt.

Letztlich muss jeder seinen Weg selbst finden - auch Leo. Er kann machen, was er möchte und für sich als richtig empfindet.
Gertrud