(13.03.2015, 18:03)W. Kronhard schrieb: Wenn man den Sowjetischen-Russischen Hochsprung unter die Lupe nimmt, sieht man dass alles Beste aus der Praxis heraus entstanden ist. Genau so wie in Deutschland. Nirgend wo habe ich Vorschläge aus der theoretischen Wissenschaft gesehen, die hinweise auf neue Bewegungen in der Technik beinhalten. Dabei ist es echt kurios dass die nicht verstandene theoretische Wissenschaft in der Bewegungslehre voller gute Dinge ist. Mein Wissen habe ich genau da entdeckt. Seitdem lese ich nichts mehr, mache nur noch nach Bedarf Entdeckungen. Und die Trennung zwischen den Theoretikern und realem Sport ist enorm. ...
Dass du heute nicht mehr liest, kann man anderen nicht empfehlen. Du hast Ausbildungen als Diplom-Sportlehrer und Physiotherapeut absolviert. Damals waren Bücher sicher auch deine Begleiter. Aus diesen Kenntnissen lässt sich eine Menge ableiten. Nur darf man nicht vergessen, dass histologisch immer mehr passiert, was man ins Training einbinden sollte. Wir fischen in einigen Inhalten noch ganz schön im Trüben. Ich habe letztens einem Wissenschaftler meine Bedenken im Kraftbereich vor allem in der Verletzungsprophylaxe genannt. Er hat mich bestätigt. In der Hinsicht leistet die Wissenschaft schon viel. Es muss nur umgesetzt und eventuell abgewandelt werden. Wir haben auch in Deutschland sehr kluge Köpfe. Man muss sie nur "anzapfen".
Es fehlt an Menschen, die genau an der Schnittstelle von Theorie und Praxis wie du und ich arbeiten. Ich halte die Kopplung beider Inhalte für enorm wichtig und trainingsrelevant. Die strikte Trennung bringt nichts. Besonders eine Kollegin, der ich auf ihre vielen Anfragen hin viele Trainingsinhalte für die SuS zukommen lasse, sagt oft: „Deine Übungen stehen in keinem Lehrbuch!“ Es gibt sehr viel Übungspotential, das ich aufgrund meiner praktischen Erfahrung und meiner theoretischen Kenntnisse modifiziert oder kreiert habe. Ich lese wirklich ein Menge und recherchiere unentwegt, verbinde aber die neuen Kenntnisse und Erkenntnisse sofort mit der praktischen Anwendung. Die Theorie schwebt dann nicht unnütz im leeren Raum. Deshalb halte ich es in der Ausbildung von Trainern für unglaublich wichtig, ihnen die Schemata beizubringen, Übungen zu kreieren und nicht nur abzukupfern, ohne die Assoziationen dahinter zu verstehen. Es bringt nichts, wenn man in Fortbildungen z. B. das übliche Bankdrücken als ungesund bezeichnet. Man muss den Trainern das Rüstzeug geben, die Fehler in der Bewegung genau aufgrund von Kenntnissen orten zu können, die übliche Übung auszutauschen oder unter modifizierten Bedingungen eventuell durchführen zu lassen. (Aber es gibt wesentlich bessere, schulterschonende Übungen!). Für den Hochsprung ist aus meiner Sicht die beidbeinige Kniebeuge z. B. überhaupt nicht erste Wahl (Ich habe weit über 20 Punkte dagegen aufgelistet.).
Gertrud